Dienstag, 12. Juli 2016

Stress, oder alles nur psychisch...




Erinnert sich noch jemand an den Film “10.000 B.C.”? An die Szene, in der der arme Steinzeitmensch mit einem Säbelzahntiger konfrontiert wurde, der mit weit aufgerissenem Rachen kurz vorm Zuschnappen war? Was mag der arme Kerl (der Mensch, nicht der Säbelzahntiger) wohl empfunden haben? Nun, das wissen wir nicht mit Sicherheit, aber was sich in seinem Körper abgespielt hat, das wissen wir recht genau, da sich die Physiologie des Menschen seither nicht wesentlich verändert hat. Er hat die typische Stressreaktion durchlaufen.

Unter Stress reagiert zuallererst unser Sympathikusnerv. Er veranlasst zum Beispiel folgendes:


  • Der Puls geht hoch
  • Das Herz schlägt kräftiger
  • das Blut von den anderen inneren Organen, wie Darm, Leber, etc. abgezogen und in die Muskulatur wird umverteilt 
  • Im Magen wird vermehrt Säure gebildet, aber die Verdauungsenzyme werden reduziert.
  • Auch die Bauchspeicheldrüse, der Darm, etc. werden in ihrer Aktivität zugunsten des Überlebensprogramms zurückgefahren
  • Aus der Muskelzelle wird Magnesium ausgeschleust, dafür wandert Calcium ein (Calcium lässt die Muskeln anspannen, während Magnesium entspannt. In dieser lebensbedrohlichen Situation ist allerdings eher Anspannung angesagt.
  • Die Nebenniere schüttet Stresshormone aus (Cortisol, Adrenalin).
  • An Sex denkt man in dieser Situation auch eher weniger..
Alle diese Reaktionen sind überlebensnotwendig! Ist man erst vor dem Säbelzahntiger auf den nächsten Baum geflüchtet, kann der Gegenspieler des Sympathikus, der Parasympathikus, wieder aktiv werden. Dann kehrt sich der ganze Ablauf wieder um.

Heutzutage stehen wir aber vor einem großen Problem: Die Säbelzahntiger sind extrem zahlreich geworden, nur heißen sie heute “Ehepartner, Kinder, Finanzamt, Schwiegermutter, Chef, Kollegen, etc etc”. Im Gegenzug gibt es dafür aber kaum noch Bäume, sprich Ruhezonen, bzw. Ruhephasen. Das hat natürlich Konsequenzen.

Nehmen wir doch einfach ein Beispiel heraus:
Wie oben geschildert, produziert der Magen unter Stress mehr Magensäure, aber weniger Verdauungsenzyme. Ist das nur kurzzeitig der Fall, ist das kein Problem. Dauerstress hat aber heftige Konsequenzen. Was sind die Folgen:

  • Sodbrennen
  • schlechte Verdauungsleistung
  • nachfolgend Darmprobleme, da sich langfristig die Darmflora aufgrund von Gärungsprozessen negativ verändert
Es geht aber noch weiter... Wie oben geschildert, wird unter Stress Magnesium aus der Zelle aus und Calcium eingeschleust. Wenn man nun denkt, dass das Magnesium wieder zurück wandert, wenn der Stress vorbei ist, hat man sich leider getäuscht. Es wird über die Nieren ausgeschieden. Steht man also unter Dauerstress, geht der Magnesiumspiegel in den Keller. Folgen: Verspannungen, Migräne, Herzrhythmusstörungen, Panikattacken, usw.

Kommt der arme Dauergestresste zum Arzt, findet der meistens erstmal nix. Aufgrund knapper Budgets wird ein ebenso knappes Blutbild gefertigt, das leider nichts her gibt. Also ab zur Magen- und Darmspiegelung. Auch da kein wirklich greifbarer Befund. Spätestens dann kommt der Spruch:” Das ist bei Ihnen alles nur psychisch.” Das ist auch genau das, was man als Patient von seinem Arzt hören wollte. Man hat heftige Beschwerden, landet aber gleich auf der Psychoschiene.

Hier ist ein ganzheitlicher Ansatz gefragt. Weder würde eine reine Psychotherapie helfen, noch eine medikamentöse Behandlung z.B. des Sodbrennens mit einem Magensäureblocker. Da kommt z.B. die Ordnungstherapie ins Spiel, in dem man dem Patient aufzeigt, wie das Problem erst entstanden ist, aber gleichzeitig auch Hilfestellung bietet, wie man das überforderte Nervenkostüm wieder einregelt. Gleichzeitig muss der Magen und Darm wieder in Ordnung gebracht werden, z.B. durch ein Probiotikum. Man darf nicht vergessen, dass Stress die oben geschilderten körperlichen Probleme verursacht, die körperlichen Probleme wiederum den Stress verstärken. Aus dem Schlamassel kommt man nicht heraus, wenn nur einseitig auf Körper oder Geist/Seele geschaut wird. Da muss man schon beide Aspekte behandeln.

Wie das im Detail aussieht, darüber mehr in einem folgenden Beitrag.

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